Rede von Kirk Mangels auf der AMK-Jahres-Wirtschafts-PK, 8. Mai 2017, Köln: „Wirtschaftsfaktor Küche“

Kirk Mangels  Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK), Mannheim.
Kirk Mangels, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK), Mannheim.

8. Mai 2017, 11:00 Uhr

Koelnmesse, Köln

Kirk Mangels

Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK), Mannheim

(es gilt das gesprochene Wort)

„Wirtschaftsfaktor Küche“

Küche 2016: Die Erfolgsgeschichte geht weiter –  Die Küchenbranche wächst um 5 %

Sehr geehrte Damen und Herren,

herzlich willkommen zur 8. AMK-Wirtschaftspressekonferenz, zu der ich Sie sehr herzlich begrüßen darf. Wie die Überschrift schon verrät, war auch das Jahr 2016 für die Küchenbranche ein Erfolg.

Sowohl aus Sicht der Gesamtbranchenentwicklung als auch aus Sicht der Ausstattung und damit einhergehend der Wertentwicklung der Küche, zu der im Anschluss Herr Wittmann noch Auskunft geben wird. Oder um es anders auszudrücken: Der Weg der individuell auf den Nutzen des Endkunden zugeschnittenen Küche „Made in Germany“ setzt sich fort. Man kann es nicht oft genug betonen: Die Küche wird zum Mittelpunkt des Zuhauses und einmal mehr auch zum Statussymbol der Deutschen.

Dabei sehen wir aber einen immer größer werdenden Trend zur Individualität. Küchen für Vegetarier werden gezielt nachgefragt und verlangen besondere Features, die die Industrie perfekt bedient. Gleiches gilt für Genießer, die auch zu Hause nahezu auf Sterne-Niveau kochen wollen. Andere schätzen die Funktionalität, die gut angeordneter Stauraum ihnen bietet und möchten einen fließenden Übergang zum Wohnraum. Die Küche und die Bedürfnisse werden immer wichtiger und spiegeln ein neues Lebensgefühl wider.

War es noch vor 20 Jahren das größte Geschenk, wenn man volljährig wurde, den Führerschein und einen fahrbaren Untersatz bekam, so ist dies in Städten nicht mehr sonderlich hipp. Musste ein Auto früher möglichst viele PS haben und „laut“ sein, so ist heute das Gegenteil der Fall. Auch hier verändert sich das Lebensgefühl. Carsharing ist angesagt. Eine renommierte deutsche Tageszeitung titelte im April dieses Jahres mit dem Satz: „Autos in Städten sind sowas von gestern.“ Natürlich wünscht sich der 18-Jährige nicht anstatt des Autos eine neue Küche. Dennoch zeigt sich an diesem Beispiel, wie sich das Verbraucherverhalten und das Denken verändern.

Auch wir werden häufig gefragt, ob denn die heutige Generation überhaupt noch kocht. Die Antwort lautet eindeutig: Ja, nur eben anders. Durch neue Lebensmodelle verbringen die Menschen im Alltag weniger Zeit mit der Zubereitung der Speisen. Daher ist davon auszugehen, dass während der Woche etwas weniger, dafür am Wochenende mehr und mit Genuss gekocht wird. Vor 30 Jahren gab es dieses genussvolle Kochen überhaupt nicht. Oftmals blieb zur Belohnung der Hausfrau der Herd am Sonntag aus. Sie sehen also, die komplette Wahrnehmung in der Küche und des Kochumfeldes hat sich gewandelt. Dazu passt das veränderte Rollenmodell: Beide Partner sind oftmals für die Erziehung, das Geldverdienen und das Kochen gleichermaßen verantwortlich. Das sorgt dafür, dass man eben mehr Zeit für Abstimmung und Kommunikation benötigt. Dies geht am besten in einer Wohnküche, in der man kommunizieren, vorbereiten und kochen kann. Hier wird sich ausgetauscht, Hausaufgaben gemacht, gemeinsam gekocht und gegessen. Die offene und moderne Wohnküche ist also ein Produkt, das perfekt die gesellschaftliche Entwicklung innerhalb der Familien widerspiegelt.

Erfreulicherweise hat sich die deutsche Küchenindustrie hierauf perfekt eingespielt und ist weltweit der Garant für die Kombination aus schönem Design, hoher Funktionalität und perfekter Qualität. So ist es auch kein Wunder, dass die deutschen Hersteller von Küchenmöbeln, Elektro-/Einbaugeräten sowie Spülen und Küchenzubehör dafür sorgen, dass die deutsche Küchenmöbelindustrie auch im Ausland als die leistungsfähigste der Welt wahrgenommen wird. Wie Sie gleich sehen werden, schlägt sich diese Wahrnehmung auch in den tatsächlichen Zahlen nieder. Sowohl innerhalb Europas als auch weltweit wächst die Küchenindustrie. Das Ausland ist somit in erster Linie Wachstumsmotor für die deutsche Küchenindustrie.

Zur AMK-Statistik: Akteure, Absender und Struktur

Zum achten Mal informiert die Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK) heute über Eckdaten der deutschen Küchenindustrie.

Die AMK ist der Verband der gesamten Küchenbranche, umfasst also Küchenindustrie und Küchenhandel. Sie wird getragen von exakt 142 namhaften Unternehmen. Alle diese Unternehmen sind Hersteller von Küchenmöbeln, Einbaugeräten, Spülen und Zubehör, ferner die führenden Handelskooperationen für Küchen sowie Dienstleister der Küchenbranche. Die Wirtschaftsdaten, die wir heute veröffentlichen, beziehen sich ausschließlich auf die Küchenindustrie.

Wir haben in Zusammenarbeit mit unseren Partnerverbänden VdDK (Verband der Deutschen Küchenmöbelindustrie, Herford) und dem Hausgeräte-Fachverband im ZVEI (Zentralverband Elek-trotechnik- und Elektronikindustrie e.V., Frankfurt) die Wachstumsraten der Küchenindustrie im In- und Ausland berechnet. Ich bedanke mich ausdrücklich bei diesen Verbänden für die sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit. Aktiv mitgewirkt hat ebenso wieder die GfK, Nürnberg, deren anerkannt hohe Methodenkompetenz sehr hilfreich war. Danke auch an Herrn Hannott und den Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM) für die gute Zusammenarbeit.

Bestimmt wurden die nationalen und internationalen Wachstumsraten aufgrund der Einzelmeldungen, anhand derer wir die Umsatzgrößen des Vorjahres fortgeschrieben haben.

Küchenindustrie: 2016 ein weiteres starkes Jahr

Im Jahr 2015 konnte erstmalig ein Gesamtumsatz von über 11 Mrd. Euro erzielt werden. Seitdem wir die Zahlen der Küchenindustrie ermitteln, gab es jedes Jahr ein Wachstum. Zugegebenermaßen war es, wie wir Ihnen vor einem Jahr mitgeteilt haben, keineswegs sicher, ob diese Erfolgsgeschichte auch in 2016 fortgeführt werden könnte. Zumal das Jahr 2016 von außenpolitischen Unruhepolen geprägt war, die durchaus die Konjunktur hätten beeinflussen können:

–        Börsenturbulenzen in China

–        Brexit-Votum im Juni

–        Putschversuch in der Türkei im Juli – mit all seinen Auswirkungen

–        Trump-Wahl im November

–        OPEC-Beschluss zur Begrenzung der Ölfördermenge

–        gescheitertes Referendum in Italien im Dezember.

Erfreulicherweise hatte dies keine gravierenden Auswirkungen auf den Küchenabsatz. Sowohl im Inland als auch im Ausland konnte ein Wachstum erzielt werden, das zu einem Gesamtplus von knapp 5 % geführt hat.

Die Zahlen im Einzelnen

Hochgerechnet auf den Gesamtumsatz hat die deutsche Küchenindustrie im Jahr 2016 einen Gesamtumsatz in Höhe von 11,58 Mrd. Euro (Vorjahr: 11,03 Mrd. Euro) erzielt. Dies entspricht einer Steigerung von 4,99 % im Vergleich zum Vorjahr. Damit konnte das starke Wachstum von 7,0 % aus dem Vorjahr nicht ganz wiederholt werden. Allerdings erfolgt das Wachstum auch auf sehr hohem Niveau. Logischerweise hat der Gesamtumsatz der Hersteller von Küchenmöbeln, Elektro-/Einbaugeräten, Spülen und Zubehör damit ein neues Rekordniveau erreicht.

Neben der guten Baukonjunktur ist hierbei sicherlich die Zins- und Geldpolitik der EZB hilfreich. Dies führt nicht nur zu einer Erholung der meisten EU-Mitgliedsstaaten, es sorgt auch dafür, dass Sparen für die Bürger der EU kaum Anreize liefert. Da ist das Geld in eine neue Küche deutlich besser angelegt.

Inland

Das Inland ist mit 3,7 % gewachsen. Immerhin der zweitstärkste Wert in den letzten vier Jahren. Das Inlandsgeschäft war und ist geprägt durch eine positive Konsumneigung auf hohem Niveau.

Individueller und höherwertiger

Wie einleitend schon erwähnt, werden die Wünsche an die eigene Traumküche immer konkreter und individueller. Das deckt sich mit der medialen Entwicklung, die die Küche seit Jahren einnimmt. Sie ist gerne gesehener Statist im Fernsehen und selbst in Tagesmedien wird sehr regelmäßig über die Entwicklungen berichtet. Als langfristiges Investitionsgut hat sie einen großen Vorteil: Der Kunde setzt auf Qualität. Das heißt nicht, dass er nicht preiswert einkaufen möchte. Er möchte viel für sein Geld bekommen, jedoch nicht immer die einfachste und billigste Lösung. Aber bei einer Anschaffung, die durchschnittlich rund 15 Jahre beim Verbraucher genutzt wird, ist dieser Blickwinkel natürlich goldrichtig.

Herr Wittmann wird gleich genauer darauf eingehen. Ich möchte es aber schon vorwegnehmen. Insbesondere höherwertige Küchen werden vermehrt gekauft. Das heißt im Übrigen nicht, dass die Preise im gleichen Umfang steigen. Der Kunde ist bereit, mehr Geld zu investieren, bekommt hierfür aber auch mehr Küche.

Dies sorgt natürlich für einen hohen Beschäftigungsgrad in der Küchenbranche. Die Gesamtmitarbeiterzahl ist mit gut 35.000 im Jahr 2016 erneut gestiegen.

Ein weiterer Impuls kommt sicherlich aus der Nachfrage nach energieeffizienten und vernetzten Hausgeräten. Die Innovationen und Technologien stimulieren den Hausgerätemarkt. Wie man mittlerweile feststellt, werden auch Elektro-Großgeräte nicht mehr nur ersetzt, wenn sie defekt sind. Den Herstellern gelingt es, Kaufimpulse – also ein „Haben wollen“ – beim Verbraucher auszulösen. Viele Kunden nutzen diese Gelegenheit, um ihre gesamte Küche dann an die heutige Zeit anzupassen und sogar ihre bisher kleine Arbeitsküche zum Wohnraum zu öffnen.

Export

Im Jahr 2015 wuchs die Industrie mit einem deutlichen Plus von 10,2 %. Ein fantastisches Ergebnis, das in diesem Jahr nicht ganz wiederholt werden konnte. Mit 6,8 % muss sich die Industrie hier aber nicht verstecken. Damit ist der Exportanteil auch in diesem Jahr erneut gestiegen. Die Industrie nimmt also Kurs darauf, mittelfristig die Hälfte ihrer Umsätze im Ausland zu erzielen. Man muss sich aber vergegenwärtigen, dass der Exportanteil wächst, obwohl sich die Verkäufe im Inland nach wie vor sehr solide entwickeln.

Mittlerweile ebben auch die Folgen der Eurokrise, sogar in Südeuropa, ab. Selbst in stark gebeutelten Ländern haben eingesetzte Reformen positive Auswirkungen. Die deutsche Küchenindustrie liegt in nahezu allen europäischen Auslandsmärkten im Plus. Dies hat zum Teil mit einer Markterholung zu tun, teilweise setzen sich die deutschen Hersteller in engen Märkten aber auch immer mehr durch.

„Made in Germany“ – ein Erfolgsgarant im In- und Ausland

Rund 96 % aller Umsätze, die in Deutschland mit Küchen gemacht werden, werden mit Küchen „Made in Germany“ erzielt. Schon alleine an dieser unglaublichen Zahl sieht man, wie erfolgreich sich die deutsche Industrie auf die heutigen Produktionsanforderungen angepasst hat. Wie eingangs schon erwähnt, ist die deutsche Küchenindustrie die wohl leistungsfähigste der Welt und steht weltweit für Qualität. Dies gilt in Europa wie auch in weiter entfernten Märkten, beispielsweise Russland, USA und China. Insbesondere nach Russland sind die Umsätze sanktionsbedingt gesunken und auf die USA komme ich später noch zu sprechen.

Sehr erfreulich entwickeln sich die Umsätze in China. Hier wächst der Gesamtmarkt für Küchen allerdings jährlich mit über 20 %. Ziel der deutschen Industrie ist es, ebenfalls im selben Umfang zu wachsen. Wir als AMK versuchen, unsere Mitglieder mit unserer eigenen chinesischen Tochtergesellschaft der AMK (Beijing) Consulting Limited bestmöglich zu unterstützen. Zum Beispiel mit der LivingKitchen China / CIKB, die in diesem Jahr vom 22.-24. Oktober in Shanghai stattfinden wird.

Ausblick

Mit der LivingKitchen im Januar dieses Jahres in Köln hat die Küchenbranche einen großen Impuls bekommen, der sich auch in den Umsätzen in Deutschland wiederfinden wird. Exemplarisch sei bemerkt, dass die Druckauflage in Endkundenmedien für die AMK im Januar doppelt so hoch war wie im Vorjahr. Der Verband der Deutschen Küchenmöbelindustrie vermeldete ebenfalls einen starken Jahresstart im Januar, allerdings einen kleinen Dämpfer im Februar. Man kann also von einem etwas durchwachsenen Jahresstart sprechen, der jedoch immer noch zu einem kleinen Wachstum führt.

Innerhalb der Branche gibt es somit keine Anzeichen, dass sich die positive Konjunktur abschwächen könnte.

Auch wenn in 2016 die politischen Rahmenbedingungen keine Auswirkungen auf die Konjunktur hatten, muss dies nicht für 2017 gelten: Mit der Bundestagswahl im Herbst, der Wahl in Frankreich, einer immer noch ungewissen Situation in Italien, beginnenden Brexit-Verhandlungen, Ungewissheiten in der Politik des amerikanischen Präsidenten, gibt es nach wie vor viele Themen, die sich auf die Konjunktur und die Stimmung auswirken können. Vor allem könnte aber ein Anzug des Zinsniveaus und des Ölpreises zu einer Abschwächung führen.

Noch einmal möchte ich darauf hinweisen, dass wir in manchen Ländern, wie zum Beispiel den USA, Entwicklungen insbesondere bei der Standardisierung erkennen, die man sicherlich auch als Markthemmnis bewerten könnte. Wir sehen eine Gefahr, dass wir nach einer Phase des Freihandels und des globalen Denkens, in eine neue Ära des Protektionismus rutschen könnten. Sicherlich durch eine Tendenz zu nationalerem Denken beeinflusst. Gerade eine Exportnation wie Deutschland sollte alles daran setzen, um der Bevölkerung zu erläutern, dass dieses zu weniger Wohlstand führen wird. Und um es vorsichtig auszudrücken, sicherlich auch zu mehr Konflikten unter den Ländern führen könnte.

Dennoch: Zusammengefasst blickt die deutsche Küchenindustrie mit viel Zuversicht in die Zukunft. Zumindest aus heutiger Sicht erscheint ein Wachstum in 2017 ebenfalls als realistisch. Die Branche ist auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(AMK)